Ein erfolgreicher Segeltörn lebt von einer strikten Aufgabenverteilung. Eine, die den reibungslosen Ablauf auf dem Schiff gewährleistet. Was dabei auf der Strecke bleibt? Die gute Stimmung. Machen Sie es doch einfach mal ganz anders …
Sommer, die griechische Sonne und sechs tolle Menschen, mit denen ich einen traumhaften Segeltörn erleben durfte. Was braucht ein Seglerherz mehr, um schneller zu schlagen?
Eine funktionierende Aufgabenverteilung zum Beispiel. Dass sich kein Crewmitglied auf die faule Haut legt. Dafür braucht es einen guten Skipper und eine strikte Zuständigkeitsverteilung. Vermutlich …
Doch nur vermutlich, denn ich habe auf meinen Törn festgestellt, dass eine Segelcrew vor allem dann am effektivsten ist, wenn sie in einem bestimmten Punkt gleich ist.
Weg vom Individuum
Dass auf einem Segeltörn alle Aufgaben erledigt werden müssen, brauche ich Ihnen nicht erklären. Doch eine strikte Aufgabenverteilung ist eben auch nicht immer von Nöten. So wie bei meinem letzten Törn in Griechenland zum Beispiel: Wir verzichteten komplett auf eine feste Aufgabenverteilung und auf eine Backschaft. Und das funktionierte besser als gedacht.
Der große Unterschied bei diesem Segeltörn zu anderen: die Grundeinstellung. Wir alle waren vom selben Schlag Mensch. Dem, der seinen individuellen Teil beisteuern möchte, damit der Trip ein voller Erfolg wird.
Jedes Crewmitglied dachte an erster Stelle an die anderen und fragte sich: Was kann ich einbringen, um einen Mehrwert fürs Team zu schaffen? Es dauerte nicht lange, bis alle diese Einstellung adoptiert hatten und sich von sich selbst aus einbringen wollten.
Was der eine nicht kann …
So eine Vorgehensweise kann selbstverständlich auch nach hinten losgehen. Sobald auch nur einer seine Aufgaben nicht pflichtbewusst erfüllt, könnte Ihr Törn in einem Supergau enden: Ihr Boot macht sich nachts los, Sie haben nicht genügend Lebensmittel bis zum nächsten Hafen an Bord oder Sie verlieren sich im Nirgendwo, wenn der Steuermann den Kurs aus den Augen verliert.
Segeln hat eben auch viel mit Verantwortung zu tun. Denn in dem Moment, wenn ich eine Aufgabe übernehme, übernehme ich gleichzeitig auch die Verantwortung dafür – egal, wie klein die Aufgabe auch sein mag. Wenn Sie beispielsweise im Hafen versprechen, dass Sie die Muringleine festmachen, dann ist es wichtig, dass Sie dazu auch fähig sind. Andernfalls kann das Vortäuschen falscher Tatsachen folgenreich sein und die Crew in Gefahr bringen.
Und dieses Vortäuschen ist bei einem funktionierenden Team unsinnig. Denn jeder auf dem Schiff hat andere Stärken. Und natürlich auch Schwächen.
Das Schöne daran: Sie ergänzen sich dadurch in der Crew perfekt.
Morgenmuffel oder Happy Hippo?
Bei uns gab es beispielsweise Crewmitglieder, die morgens schwerer in die Gänge kamen. Diese wollten dann in der Früh ihre Ruhe genießen, andere haben zur selben Zeit schon Happy Hippos verspeist. Diese Unterschiedlichkeiten haben wir im Team akzeptiert und toleriert und in der täglichen Aufgabenbewältigung berücksichtigt.
Über den Tag hinweg egalisierte sich auf diese Weise jeder Einsatz. Und wenn einer zu wenig Einsatz zeigte, dann konnten wir ihm das direkt ins Gesicht sagen. Wir hatten schließlich eine gute Grundstimmung.
Deshalb plädiere ich dafür, die Aufgabenverteilung nicht nach Schema F festzulegen, sondern stärkenbasiert zu arbeiten. Dafür muss ich als Individuum meine Stärken kennen, damit ich mich gut ins Team einbringen kann. Außerdem muss ich den Mut haben, offen zu sagen, wenn ich etwas nicht kann und eben keine falschen Tatsachen vortäuschen.
Beim Segeln lag mein Aufgabengebiet beispielsweise mal in der Kombüse und mal beim Ankern. Andere haben die Segelanfängerin in der Crew unter ihre Fittiche genommen und ihr alles Wichtige gezeigt.
So hat jeder seinen Teil dazu beigetragen, dass wir ein funktionierendes und harmonisches Team bildeten. Und heute kann ich sagen: Das war der beste Segeltörn, den ich je hatte.
Artikelbild: DenisProduction.com/ Shutterstock